Rechtstipp
Corona-Pandemie ist höhere Gewalt
Die Corona-Pandemie und ihre Folgen stellen ein von außen kommendes, betriebsfremdes Ereignis und damit höhere Gewalt dar. Da es eine Pandemie solchen Ausmaßes noch nie gegeben hat, war diese für den Einzelnen auch nicht vorhersehbar. Das hat auch Auswirkungen auf Bauverträge.
Mit einem Vertrag vom 17.02.2020 verpflichtete sich der Auftragnehmer zur Planung und Organisation eines für den Ende Juni 2020 vorgesehenen Abiturballs der Auftraggeber. Nach §§ 8 und 9 des Vertrags entfallen die Leistungspflichten der Parteien für den Fall der Nichtdurchführbarkeit der Veranstaltung infolge höherer Gewalt. Soweit die Möglichkeit besteht, soll ein neuer Veranstaltungstermin gefunden werden. Ferner ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 50 Prozent der Vergütung verwirkt, wenn der Abiturball aufgrund eines vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens der Auftraggeber nicht stattfindet.
Der Abiturball konnte zum geplanten Termin wegen der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden. Die Auftraggeber verlangen von dem Auftragnehmer die gerichtliche Rückerstattung der geleisteten Anzahlung von 10.000 Euro. Der Auftragnehmer wendet gegen diese Rückforderung ein, dass die Rückzahlung durch einen Gutschein ersetzt werden könne. Zudem sei die Vertragsstrafe verwirkt, da der Abiball hätte nachgeholt werden können.
Die Entscheidung (LG Paderborn, Urteil vom 25.09.2020, Az.: 3 O 261/20)
Nach der Ansicht des Landgerichts Paderborn handelt es sich in Übereinstimmung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei höherer Gewalt um ein von außen kommendes, keinen betrieblichen oder persönlichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen stellen ein von außen kommendes, betriebsfremdes Ereignis dar. Da es eine Pandemie solchen Ausmaßes noch nie gegeben hat, war dies für den Einzelnen auch nicht vorhersehbar. Selbst bei Anwendung äußerst vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt war sie für den Einzelnen nicht abwendbar.
Das neuartige Corona-Virus stellt also ein Ereignis dar, das unter den Begriff der höheren Gewalt fällt. Die Gutscheinlösung ist nicht einschlägig, da die Auftraggeber keine Inhaber von Eintrittskarten sind. Ein Abiturball ist anlassbezogen und stellt ein sogenanntes terminbezogenes Fixgeschäft dar. Folglich bestand keine Pflicht der Auftraggeber zur Vereinbarung eines Ersatztermins, so dass auch keine Vertragsstrafe verwirkt ist.
Die Bedeutung
Die Entscheidung des Landgerichts Paderborn bestätigt, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich einen Fall der höheren Gewalt darstellt. Das vorbenannte Urteil lässt sich ohne Weiteres auch auf Bauverträge übertragen. Dies dürfte insbesondere für die Verlängerung von Ausführungsfristen gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 c VOB/B von großer Bedeutung sein.