Rechtstipp

Frederick Brüning,

Schwarzbau ist nicht mangelhaft

Haben die Parteien eines Bauleistungsvertrags ausdrücklich vereinbart, dass ein Bauwerk unter Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorgaben errichtet wird, scheiden Mängelansprüche des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer aus, wenn der Auftraggeber das Risiko des Schwarzbaus übernommen hat (OLG Dresden, Urteil vom 07.12.2021 - 6 U 1716/21).

Frederick Brüning ist Rechtsanwalt und spezialisiert auf Bau- und Immobilienrecht. Er ist Autor und als freier Lehrbuchautor für den Bereich Recht und Rechtsphilosophie tätig. www.kanzlei-bruening.com

Ein Auftragnehmer (AN) bot dem Auftraggeber (AG) Leistungen über den Abriss eines Bestandsgebäudes und der Errichtung eines Ferienhauses an. Das Angebot umfasste unter anderem ein Vorgespräch mit dem Bauamt, die Bauantragsstellung sowie „mit erteilter Baugenehmigung“ den Abriss des Bestands- und die Errichtung des Feriengebäudes. Der AG beauftragte zunächst das Vorgespräch mit dem Bauamt, nicht aber die Stellung des Bauantrages. In dem Vorgespräch teilte das Bauamt dem AN mit, dass eine Baugenehmigung nicht erteilt werden kann. Später übertrug der AG dem AN den Abriss des Bestands- und die Errichtung des Feriengebäudes. Der AN errichtete sodann das Ferienhaus. Der AG nahm diese Bauleistungen ab. Später untersagte die Gemeinde – erwartungsgemäß – die Nutzung des Gebäudes. Der AG beauftragte daraufhin den AN mit der Stellung des Bauantrags. Der Bauantrag wurde – erwartungsgemäß  – abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe des AG blieben erfolglos. Der AG klagt vor dem Landgericht auf Feststellung, dass der AN ihm sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die aus der Errichtung des Ferienhauses ohne Baugenehmigung resultieren. Der AN habe ihn pflichtwidrig nicht auf das Erfordernis der Baugenehmigung hingewiesen. Das Landgericht wies die Klage ab.

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Die Entscheidung

Zu Recht! Denn der AN hat weder seine Hinweispflichten verletzt noch mangelhaft geleistet. Für eine Schadenersatzpflicht fehlt eine rechtliche Grundlage. Nach Ansicht des OLG wusste der AG vor Erteilung des Auftrags über die Errichtung des Neubaus, dass eine Baugenehmigung erforderlich ist, er aber nicht über eine solche verfügt. Denn es müsse jedem Bauherrn klar sein, dass es bei vollständigem Abriss und Neuerrichtung eines Gebäudes einer Baugenehmigung bedarf. Zudem stellt das OLG fest, dass der AG über das Ergebnis des Vorgesprächs mit dem Bauamt informiert wurde und ihm deshalb bewusst war, dass eine Baugenehmigung benötigt wird, diese aber nicht erlangt werden kann. Angesichts der Kenntnis des AG brauchte der AN auf diesen Umstand vor der Errichtung nicht nochmals hinweisen. Vereinbaren die Parteien trotz Kenntnis der Illegalität des Vorhabens die Errichtung des „Schwarzbaus“, kann der AG die Illegalität gegenüber dem AN nicht als Mangel einwenden. Der AG erhält genau das, was vereinbart war – einen Schwarzbau. Das Risiko bauaufsichtlichen Einschreitens trägt der AG in dem Fall selbst.

Die Bedeutung

Die Entscheidung ist angesichts der festgestellten „Bösgläubigkeit“ des Bauherrn als Einzelfallentscheidung einzustufen. In der Regel ist die Risikoverteilung im Zusammenhang mit der Baugenehmigung deutlich komplizierter, insbesondere wenn der Auftragnehmer beim Bauantrag planerisch mitwirkt. Deshalb sollten die Parteien vorher im Vertrag die Verteilung der Risiken im Zusammenhang mit der Genehmigungserteilung eindeutig regeln.

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