Frederick Brüning rät
Rechtstipp: Beratung verpflichtend!
Verpflichtet sich ein Unternehmer dazu, ein Fertighaus nach den anerkannten Regeln der Technik zu errichten, schuldet er einen üblichen Qualitäts- und Komfortstandard und muss den üblichen Schallschutzmaßstab einhalten. Besondere Lagen verpflichten den Hersteller sogar zur Beratung des Auftragnehmers über das Schallschutzniveau.
Der Sachverhalt
Der Auftraggeber beauftragt einen Fertighaushersteller mit der Errichtung eines sogenannten Fertighauses an einer stark befahrenen Landstraße. Nach Abnahme der Bauleistungen verlangt der Fertighaushersteller klageweise eine offene Schlusszahlung in Höhe von circa 15.000 Euro. Der Auftraggeber wendet ein, dass der Schallschutz des Fertighauses gegen den Straßenlärm völlig unzureichend sei und verlangt im Wege der Widerklage einen Kostenvorschussanspruch von rund 50.000 Euro.
Die Entscheidung
Mit Erfolg! Der Kostenvorschussanspruch besteht nahezu vollständig (OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.07.2020, Az.: 4 U 11/14). Der auf Errichtung eines Fertighauses gerichtete Vertrag ist ein Werkvertrag. Nach § 4 Abs. 1 des Fertighausvertrags muss der Fertighaushersteller das Haus mindestens nach den anerkannten Regeln der Technik erbauen. Abweichende Vereinbarungen zum Schallschutz haben die Parteien nicht getroffen. Der Fertighaushersteller schuldet daher den üblichen Qualitäts- und Komfortmaßstab, der technisch nicht eingehalten wurde. Als Fachunternehmer ist der Fertighaushersteller zudem verpflichtet, sich mit dem Auftraggeber auch aufgrund der besondere Lage des Baugrundstücks über die schalltechnischen Anforderungen der Regelwerke und deren Konsequenzen eingehend auseinanderzusetzen. Dies ist nicht erfolgt. Allein die Angabe im Verhandlungsprotokoll „Schallschutzverglasung nicht gewünscht“ ist nicht ausreichend. Denn der Auftraggeber kann als Verbraucher eine ordnungsgemäße Aufklärung über die vielschichtige Materie des Schallschutzes erwarten.
Die Bedeutung
Will der Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik „nach unten“ abweichen, muss dies ausdrücklich vertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden. Darüber hinaus muss er den Auftraggeber auf die mit der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln verbundenen Risiken und Konsequenzen verständlich hinweisen, es sei denn, sie sind diesem bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen, was bei einem Verbraucher nicht häufig anzunehmen ist. Ob eine solche Vereinbarung in vorformulierten Baubeschreibungen (AGB) überhaupt wirksam möglich ist, ist gerichtlich noch ungeklärt und dürfte insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes zweifelhaft sein.