Rechtstipp
Mehrkosten sind konkret darzulegen!
Mehrkosten wegen Bauzeitverlängerung sind konkret darzulegen und nachzuweisen, Schätzungen auf der Basis von Durchschnittswerten sind nicht ausreichend. Es ist vielmehr eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung erforderlich.
Ein Ingenieur wird mit der Planung und Überwachung der Sanierung eines Bauvorhabens beauftragt. Nach einer Regelung in dem Ingenieurvertrag ist eine Überschreitung bis zu 20 % der festgelegten Ausführungszeit, maximal sechs Monate, mit dem vereinbarten Honorar abgegolten. Im Übrigen hat der Ingenieur „(...) einen Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens“. Die Bauzeit verlängert sich im vorliegenden Fall deutlich. Mit der Begründung, der durch die Bauzeitverzögerung verbundene Mehraufwand entspreche einer Erhöhung von rund 41 %, so dass sich auch die tatsächlich notwendigen Stunden um 41 % erhöht haben, macht der Ingenieur die streitigen Mehraufwendungen von circa 305.000 Euro geltend. Er besteht auf den Abschluss einer Nachtragsvereinbarung und droht mit Arbeitseinstellung. Auf eine von dem Auftraggeber erbetene inhaltliche Stellungnahme zu den Mehraufwendungen geht der Ingenieur nicht ansatzweise ein. Der Auftraggeber erklärt die Kündigung des Ingenieurvertrags wegen unberechtigter Arbeitseinstellung. Der Ingenieur erhebt hingegen Zahlungsklage.
Themen im Artikel
Die Entscheidung (OLG Celle, Urteil vom 06.10.2021, Az.: 14 U 39/21)
Ohne Erfolg! Der Auftraggeber hat den Ingenieurvertrag zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt. Der Ingenieur hat nach der Ansicht des OLG Celle seine Weiterarbeit ernsthaft und endgültig vom Abschluss einer Nachtragsvereinbarung abhängig gemacht und sodann verweigert. Der erhobene Anspruch auf Mehrvergütung ist jedoch unbegründet. Es ist dem Ingenieur nicht gelungen, die von ihm behaupteten Mehraufwendungen als „nachweislich erforderlich“ darzulegen und zu beweisen. Hierzu wäre zunächst eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung erforderlich gewesen. Der Ingenieur hätte Angaben dazu machen müssen, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt werden mussten, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden konnten. Folglich ist für den Mehraufwand ein Einzelnachweis notwendig. Diesen Anforderungen ist der Ingenieur nicht hinreichend nachgekommen. Es fehlt bereits an der konkreten Darlegung, welche Arbeiten wegen der Verzögerung nicht durchgeführt werden konnten und wie sich diese Verzögerung konkret auf der Baustelle ausgewirkt hat.
Die Bedeutung
Architekten und Ingenieure werden regelmäßig leistungsbezogen und aufwandsneutral vergütet, so dass ihnen grundsätzlich kein Anspruch auf zusätzliches Honorar zusteht, wenn sich der vorgesehene Leistungszeitraum verlängert. Daran hat sich durch die HOAI 2021 nichts geändert. Zwar beinhalten viele Verträge Klauseln für eine Honoraranpassung im Fall einer Bauzeitverlängerung. Oftmals sind die darin gestellten Anforderungen aber – wie im vorliegenden Fall – so hoch, dass die darauf gestützte Klage von Planern keinen Erfolg hat.