Rechtstipp
Bauvertrag mit separatem Grundstückskauf: Vergütung mit oder ohne Umsatzsteuer?
Ist die rechtzeitige Erfüllung eines Bauvertrags durch Hindernisse ernsthaft in Frage gestellt, die im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegen, und ist dem Auftraggeber ein weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten, kann er dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zum Nachweis der fristgerechten Erfüllbarkeit des Bauvertrags setzen und gleichzeitig erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehen wird. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2021, Az.: 4 U 112/18; BGH, Beschluss vom 21.09.2022, Az.: VII ZR 14/22)
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Ein Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer unter anderem mit der Errichtung eines Hochwasserschutzes. Der Auftragnehmer erbringt seine Bauleistungen nur zögerlich. Der Auftraggeber fordert den Auftragnehmer unter Fristsetzung auf, ihm die rechtzeitige Erfüllung des Bauvertrags nachzuweisen. Als der Auftragnehmer dem nicht nachkommt, kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag und verlangt von dem Auftragnehmer Ersatz der Fertigstellungsmehrkosten.
Entscheidung
Mit Erfolg! Der Auftraggeber konnte nach Ansicht des Gerichts verlangen, dass ihm der Auftragnehmer bereits vor Verzugseintritt die fristgerechte Erfüllbarkeit des Bauvertrags nachweist. Auf den Einwand des Auftragnehmers, der Termin sei noch „zu halten“ gewesen, kommt es nicht an. Denn bei der Entscheidung, ob der Auftraggeber eine Kündigung wegen drohenden Verzugs ausspricht, muss er eine Prognose anstellen, ob es dem Auftragnehmer noch gelingen wird, den Auftrag fristgerecht auszuführen. Es kann dabei nur auf die für den Auftraggeber ex ante erkennbaren objektiven Umstände ankommen. Sind Zwischenfristen aus einem vertraglichen oder internen Bauzeitenplan bereits überschritten, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass aus gegenwärtiger Sicht auch eine Überschreitung der Ausführungsfristen zu erwarten ist.
Praxishinweis
Bei der Entscheidung, ob der Auftraggeber eine Kündigung wegen drohenden Verzugs erklärt, muss er eine Prognose anstellen, ob es dem Auftragnehmer noch gelingen wird, den Auftrag fristgerecht auszuführen. Es kommt dabei auf die für den Auftraggeber ex ante erkennbaren objektiven Umstände an und nicht auf Versprechungen des in Verzug geratenen Auftragnehmers oder auf von ihm entfaltete Hintergrundaktivitäten, die für den Auftraggeber nicht transparent sind und es dem Auftragnehmer (vielleicht) ermöglichten, doch noch fristgerecht zu erfüllen.
Dieser Gastbeitrag erschien in der Ausgabe 1-2/23