Pfeilerbauweise auf den Kopf gestellt

Von oben nach unten gebaut

2020 soll sie fertig werden: Deutschlands größte Hubbrücke. Beim Bau der Brückenpfeiler der neuen Bahnbrücke Kattwyk setzen Max Bögl und Doka auf ein ungewöhnliches Schalungskonzept: nicht die Schalung wird nach aushärten des Betonierabschnitts bewegt, sondern das betonierte Pfeilerstück. Aufgrund dieses Verfahrens wird der Brückenpfeiler nicht von unten nach oben gebaut, sondern quasi von oben nach unten.

Neben der 45 Jahre alten Kattwykbrücke (links) entsteht derzeit die Neue Bahnbrücke Kattwyk (rechts) über die Süderelbe in Hamburg. Die Pfeiler entstehen unter extrem beengten Platzverhältnissen in geschlossenen Spundwandkästen auf dem Wasser – statisch, logistisch und schalungstechnisch eine Herausforderung. © Doka

Mit der Neuen Bahnbrücke Kattwyk will die Hamburg Port Authority (HPA) – zuständig für die Infrastruktur im Hamburger Hafen – den Verkehrsfluss über die Süderelbe verbessern. Bahn und Straßenverkehr teilen sich die 1973 fertiggestellte Brücke zur Überquerung der Süderelbe. Für den Schiffverkehr wird die 290 m lange Brücke zeitweise gesperrt und das mittlere Hubteil nach oben gefahren. Durch die gemeinsame Nutzung der Kattwykbrücke für Bahn, Auto und Schiff entstehen für den Straßenverkehr bis zu sieben Stunden Wartezeit pro Tag. Die „Neue Bahnbrücke Kattwyk“ wird nach ihrer Fertigstellung, wie der Name schon sagt, ausschließlich für den Schienenverkehr genutzt werden, während über die alte Kattwykbrücke weiterhin der Straßenverkehr rollt.

Pfeilerbau im Wasser
Die Errichtung der beiden Brückenpfeiler für dieses Bauvorhaben ist eine Herausforderung für den Betonbau. „Wir haben es mit sehr beengten Platzverhältnissen zu tun. Der Pfeilerbau erfolgt im Wasser. Das Einheben der Schalung erfolgte zwar per Kran, doch für den weiteren Bauablauf war es unmöglich, die Bewehrung und die Schalung per Kran zu bedienen. Stattdessen muss die Bewehrung per Hand eingebracht und die Schalung über Kettenzüge nach oben und unten bewegt werden“, fasst der zuständige Polier der bauausführenden Max Bögl Bauunternehmung die Situation auf der Baustelle
kurz zusammen.

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Die Brückenpfeiler entstehen in geschlossenen Spundwandkästen, deren Baugruben aus statischen Gründen nur in bestimmten Größenordnungen hergestellt werden konnten. So müssen beim Abtragen der Lasten die Kräfte berücksichtigt werden, die zum einen aus dem aufgehängten Senkkasten (ca. 1.230 t), zum anderen durch den Wasser- und Eisdruck entstehen. Aufgrund dieser statischen Randbedingungen sowie der großen Gründungstiefe von -30,00 m NN, ca. 19 m unterhalb der Elbsohle, und der extrem beengten Platzverhältnisse können die Pfeiler nicht in konventioneller Weise – Tiefgründung mit Fundament errichten und von dort nach oben bauen – hergestellt werden.

Die Pfeilerschalung ist an der Stahl-Konstruktion aufgehängt, die wiederum auf den Spundwandkästen aufliegt. Für den nächsten Betoniertakt wird nicht die Schalung versetzt, sondern es werden die zuvor betonierten Pfeilerabschnitte nach unten abgesenkt. © Doka

Stattdessen entwickelte das Bauunternehmen Max Bögl zusammen mit Doka ein Schalungskonzept, das den konventionellen Pfeilerbau auf den Kopf stellt: eine abgehängte Pfeilerschalung. Dazu wird die Schalung samt Schachtbühnen komplett frei am Stahlbau aus eng gestaffelten Tragprofilen, die auf den Spundwänden aufliegen, aufgehängt. Die Tragprofile können jedoch nur eine bestimmte Last abtragen, so dass Schalung und Betonbau ab einem gewissen Bauabschnitt (BA6) entkoppelt werden müssen. Im Ergebnis wird der Betonkörper abschnittsweise in 5,0 m hohen Betoniertakten hergestellt und nach dem Ausschalen in den Elbuntergrund abgesenkt bzw. eingespült.

Zweigeteilter Absenkmechanismus
Bis zum Aufsetzen auf der Elbsohle erfolgt das Absenken der Betonierabschnitte mittels einer Absenkvorrichtung aus 24 hydraulischen Hohlkolbenzylindern und Pressen. Hieran sind die betonierten Pfeilerabschnitte mit insgesamt 24 Gewindestäben (d=75 mm) aufgehängt. Nachdem eine ausreichende Einbindetiefe in den Elbuntergrund erreicht ist, werden die Gewindestäbe abgetrennt und die Absenkvorrichtung zurückgebaut. Ab diesem Zeitpunkt ändert sich der Absenkmechanismus: unter Druckluft wird eine Ballastierung des Strompfeilers (mit Sand und Wasser) vorgenommen und der Boden kontrolliert entfernt – mithilfe unterhalb des Strompfeilers im Caisson angeordneter und ferngesteuerter Wasserkanonen und eines Baggerarmes. Durch den bei diesem Vorgehen kontrolliert erzeugten Grundbruch sinkt der Strompfeiler ab.

Bauleiter Fabian Böse: „Wir haben von Doka die einzelnen Schalungselemente vorgefertigt auf die Baustelle bekommen. Aufgrund der örtlichen Randbedingungen – Pfeilerbau im Wasser, kein Kran nach der Erstmontage, wenig Lagerfläche am Ufer – war das Ganze auch logistisch eng abzustimmen. Ein Doka-Richtmeister stand uns zur Seite, mit dem wir gemeinsam das Montagekonzept erarbeitet und das Ganze dann hier montiert haben.“

Unter Druckluft wird der Boden durch Ballastierung zunächst ausgehoben, anschließend wird der Senkkasten abgesenkt (links). Danach kann die Bewehrung eingebaut und die Arbeitskammer mit Beton verfüllt werden (rechts). © Doka

Größte Hubbrücke Deutschlands
Am Ende wird jeder der beiden Pfeiler eine Höhe von circa 39 m haben und etwa 19 m in den Elbuntergrund einbinden. Jeweils über 1.000 t Bewehrung müssen aus statischen Gründen in den Pfeilern verbaut werden – für den Fall einer Maximalbelastung, d.h. sollten einmal zwei Güterzüge von je 750 m Länge und über 6.000 t Gewicht gleichzeitig auf der Brücke eine Vollbremsung machen müssen. Nach Fertigstellung der Brückenpfeiler folgen die Baumaßnahmen für den Überbau. 2020 sollen die ersten Züge über die Neue Bahnbrücke Kattwyk rollen. Mit einer Durchfahrtsbreite von 108 m löst die neue Kattwykbrücke die alte Kattwykbrücke (96 m) als größte Hubbrücke Deutschlands ab und zählt dann zu den größten Hubbrücken weltweit.


Smarte Baustelle
Im 16 m hohen Engineering Tower wird auf zwei Ebenen die Engineering Lösungskompetenz von Doka in den Mittelpunkt gestellt. Dabei erhalten die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, unterschiedliche Szenarien mittels Virtual Reality (VR) hautnah zu erleben und Präsentationen zu den einzelnen Sektoren Highrise, Infrastructure und Energy zu folgen. Im Bereich Digital Services können die neuesten digitalen Lösungen und Dienstleistungen von Doka ausprobiert werden. das Serviceangebot wird dabei in den Bereichen smarte Baustelle, smarte Assistenten und smarte Planung präsentiert.

Freigelände Nord, Stand 420

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