Offroad-Familienausflug mit Oliver Willms
Italienische Momente mit den neuen Lkw von Iveco
Iveco hat mit dem schweren T-Way seine Offroad-Palette vom Daily 4x4 über Eurocargo und X-Way komplettiert. Auch das Motorenprogramm wird neu sortiert. Baugewerbe-Autor Oliver Willms war unterwegs beim Offroad-Familienausflug.
Parma, die italienische Schinken-Metropole, ist nicht nur für gastronomische Ausflüge ein lohnendes Ziel. Ein gigantischer Offroad-Parcours auf einem Großabbaugelände fordert Mann und Maschine abseits asphaltierter Trassen. Stilgerecht gab sich dort die versammelte Iveco-Offroadfamilie ein Stelldichein, um die Strecke unter das grobstollige Profil zu nehmen.
Ein geländegängiges Flaggschiff
Geradezu wie gemacht fürs Grobe, aber durchaus auch straßentauglich einzusetzen, tritt das Flaggschiff in Ivecos Bau-Lkw-Programm zum Dienst abseits der Straße an. Der geländegängige T-Way ergänzt quasi als Flaggschiff die Baubrigade von Iveco und knüpft an das ehemalige „Bau-Bullen“-Image der deutsch-italienischen Marke aus den 70er Jahren an. Wo damals noch luftgekühlte Motoren durch die Gruben heulten, feiert heute auch abseits der Straße mehr Hightech seinen Einzug.
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So liegen Optik und Technik heute durchaus mit den modernen Straßenmodellen auf Augenhöhe. Dabei bedient sich die T-Way-Baureihe aus dem modularen Baukastensystem, aus dem die Straßenmodelle S-Way und der robustere Allrounder X-Way Form, Aussehen und Antrieb erhalten. Die T-Way-Kabinen sind zwei Längen lieferbar – als kurze Active-Day-Kabine (AD) oder als Active- Time-Fernfahrerhaus (AT) mit Standard- oder Hochdach, wenn die Distanzen länger werden, was heute auch im Kippereinsatz immer öfter die Regel wird.
Der Weg in die T-Way-Kabine ist steil, aber nicht hinderlich, um oben angekommen mit Wohlwollen auf ein attraktives Cockpit zu stoßen. Der Arbeitsplatz kann sich mit den Wettbewerbern der Branche ohne Probleme messen lassen, auch wenn der Grad der Digitalisierung gerade im Bezug auf Touchscreens und Ähnliches nicht übertrieben stark ausfällt. Einen digitalen Kamera-Spiegel gibt hier noch nicht, was abseits der Straße freilich nicht ins Gewicht fällt, da dort überholende Kollegen eher zur Ausnahme gehören.
Robuste Innenausstattung
Die baustellentaugliche Hemdsärmeligkeit kommt in der Branche abseits der Straße wohl besser an als zu komplexe Tastsysteme, die weder Handschuh noch Fingerschmutz vertragen. Auch hier bleibt der T-Way der Iveco-Linie mit praktischer und offroadrobuster Innenausstattung treu.
Entsprechend gut gerüstet tritt der T-Way als voll ausgeladene 8x4 zum Kräftemessen auf südlichem Geläuf an. Über ausgedehnte Abfahrten, steile Anstiege und Kamelbuckel arbeitet sich der Vierachser mit seinen 510 PS und der Kursstabilität eines Nashorns durchs Gelände. Der 13-Liter-Sechszylinder hat die schwere Partie auch bei technisch möglichen 60 Tonnen Maximalgewicht gut im Griff. Da darfs auch mal wieder ein handgerissenes 16-Ganggetriebe sein, ohne dass die Fahrfreude gleich auf der Strecke bleibt. Das automatisierte Schaltprogramm macht den Job aber heute auf Arbeitstagdauer besser als jeder Baustellenfahrer. Die robuste Auslegung der jüngsten „Bullen“-Generation fängt beim verwindungssteifen Offroad-Chassis mit wahlweise 10 statt 7,7 mm Rahmenstärke des hochfesten Leiterchassis, wahlweise Blatt- oder Bauluftfederung und dem optionalen Allradantrieb an und reicht bis zur Ausrüstung mit dem hydrostatischen Vorderachsantrieb Hi-Traction, der den 6x4 bei Bedarf zum Klettermaxe adelt. Ein volles Traktions-Programm also, das mit der neuen Motorenordnung sortiert wird.
Für wirklich hohe Auslastung oder viel Nebenabtriebsbedarf prädestiniert ist der Cursor 13-Sechszylinder und 12,9-l-Hubraum mit Motorisierungen von 410 bis 510 PS und Drehmomentbestwerten bis 2.300 Nm. Bei leichteren Einsätzen oder als Solofahrzeug kann auch der halbstarke Cursor 9-Sechszylinder mit 8,7 l Hubraum mit 340 oder 360 PS die Antriebsarbeit übernehmen. Die Mittellösung der Straßenklasse, den bewährten Cursor 11-Motor mit 10,8 l Hubraum, gibt es im T-Way aber nicht mehr.
So stößt man auf Geländefahrt durch das italienische Abbaugelände einmal mehr auf die ewigjunge Frage: Wie viel Geländetauglichkeit muss denn wirklich mit an Bord sein, um über die Runde zu kommen? Darauf kann der X-Way als Wanderer zwischen der Straßen- und Offroadwelt am besten antworten. Auf den lang in die Steigungen gezogenen Fahrwegen durch den Großkiesabbau kommt auch sein automatisiert geschalteter Halbbruder mit dem X-Way-Chassis, opulenten 570 PS und der längeren Hinterachse flott hinterher. Der Allrounder verzichtet auf die offroad-harten Attribute wie flexible Einstiegsstufe, Motorprallplatte und Offroadbereifung, findet aber mit Stahlstoßstangen, Scheinwerferschutz und ordentlicher Bodenfreiheit auch im Gelände schadenfrei seinen Weg.
Hier ist der X-Way mit seinem hybriden Charakter geradezu in seinem Element. Als vollumfänglich straßentauglicher Lkw scheut er keinen Abstecher ins Gelände, die Sperren an Zentraldifferenzial und hinterer Achse helfen, die Traktion im Griff zu behalten. Ansonsten sind mit gemäßigter Bereifung und Scheibenbremsen auch für den Kipper gesittete Verbrauchsmanieren und entsprechend kommodes Fahren auf der Straße angesagt. Beim T-Way bleibt die Trommelbremse nach wie vor die Standardlösung an den Radbremsen.
Exotisch und agil: der Eurocargo 4x4
Geradezu ein Exote in deutschen Baugruben ist der leichtere Eurocargo 4x4, der sich zum munteren Offroad-Reigen dazu gesellt. Der allradgetriebene Mittelklässler findet sich bei uns öfters mal im kommunalen Einsatz als Schneeräumer oder Einsatzfahrzeug für den Leitungsbau wieder. Für den Baustelleneinsatz reicht meist ein 4x2-Kollege, der den Job auf den befestigten Fahrwegen ebenso locker erledigen kann. Wenn es aber richtig steil zu Sache geht und Traktion gefragt ist, klettert der Eurocargo wie ein genügsames Muli ohne Rücksicht auf Neigung und Bodenfestigkeit hoch.
In der Disziplin Wendigkeit und Kletterkunst machen ihm nur noch die kleinen Daily 4x4 etwas vor, die als hochspezialisierte Allrad-Transporter wirklich keine Hindernisse mehr scheuen. Auch hier agiert der Fahrer meist das limitierende Element, wenn es darum geht, die kniffligsten Passagen zu überwinden. Hochbeinig und trittfest wie eine Gebirgsgemse klettert der einzelbereifte Daily in die Höhe, mit seiner Offroadtauglichkeit, aber auch dem Anschaffungspreis – unter 100.000 Euro geht wenig für den ausgewiesenen Geländeexperten. Jährlich rund 1.000 Kunden ist der Preis nicht zu hoch, um an die Spitze der Geländegängigkeit vorzufahren.
Souverän im Gelände: der X-Way-Zweiachser
Einen viel pragmatischeren Ansatz verfolgt der unscheinbare X-Way-Zweiachser mit Palfinger-Kran auf der Kippbrücke. Trotz gemäßigtem Offroad-Outfit bleibt der X-Way den Daily-Klettermaxen beharrlich auf den Stollenfersen. Wenn es auf den engen Kehren im Wald und übersteilen Strecken zum Gipfel der Hügel hart auf hart kommt, drückt der Fahrer des 480 PS starken Kippers einfach die Hi-Drive-Taste und verwandelt den scheibengebremsten Straßenkipper per Hochdruckhydraulikfluss zur Vorderachse zum wieselflink allradgetriebenen Problemlöser.
Leichte bis mittlerer Traktionsaufgaben löst der im Gegensatz zu einer mechanisch angetriebene Vorderachse rund 500 Kilo leichtere Hydroantrieb so mit erstaunlicher Souveränität. Dafür muss der Kunde freilich auch deutlich tiefer in die Tasche greifen als für die zusätzliche Gelenkwelle zu den Vorderbeinen. So bleibt die Lösung wohl nutzlastsensiblen Anwendern vorbehalten, die für die halbe Tonne mehr Zuladung bereitwillig das Scheckheft zücken.
Beim Dreiachser oder im Zugeinsatz hat bei Iveco Hi-Drive genannte Hydraulikantrieb seine größte Berechtigung. Am Ende der ausgedehnten Offroad-Runde über das weitläufige Abbaurevier treffen sich alle Iveco-Lkw wieder am Startpunkt. Trotz Technik-Offensive bei den Schweren und ausgeklügelter Allrad-Rezeptur im leichteren Segment eint die Iveco-Baubrigade ihr gemeinsames Credo: Robustes Ankommen zählt immer noch vor technikverliebten Details und zu viel Elektronik. Da bleiben sich die Bau-Bullen von heute ihrem Offroad-Erbe treu.